Janis McDavid

Lesung im Sonntags-Club

Wie meistert jemand ohne Arme und Beine sein Leben? Wie geht er mit den sich daraus ergebenden Herausforderungen an ein selbstbestimmtes Leben, den Reaktionen seiner Mitmenschen und seiner Umwelt um?


All diese spannenden Fragen treiben mich als Menschen mit Armen und Beinen um, wenn ich Menschen wie Janis erlebe.


Ein spannender Abend heute im Sonntags-Club bei der Vorstellung seines Buches "Dein bestes Leben".

Der Saal des Sonntags-Club ist sehr gut gefüllt, auch die Leute des RBB sind vor Ort. 


Janis kommt früh in seinem mit Hightech hoch gerüsteten Elektrorollstuhl. Es ist einfach faszinierend für einen Menschen mit Armen und Beinen wie mich, mit welcher Selbstverständlichkeit sich Janis bewegt, aus seinem Rollstuhl mit seinen kurzen Arm- und Beinstummeln auf die Bühne wechselt, den Stuhl erklimmt und an seinem Tisch Platz nimmt.


Ein kurzer Einführungsfilm zeigt Janis, der ungeachtet aller Hürden, die sich vermeintlich oder tatsächlich für einen außen stehenden Betrachter vor ihm auftürmen, schier für unglaublich gehaltene Leistungen vollbringt, um sich seine Teilhabe am Leben zu sichern.


Janis wird im Einführungsfilm in seinen typischen Lebenssituationen gezeigt- Studium, Auslandssemester in London bei IBM, in der Firma oder in seiner WG in Berlin.  


Janis erzählt sein Schlüsselerlebnis als Achtjähriger, als er erstmals fasste, dass er anders als Andere ist und sich anders bewegt. Aber er erzählt auch eindringlich von seinem Willen, sein Leben selbst zu gestalten, und sei es durch den selbst bestimmten Kauf einer Tafel Schokolade in der nächsten Kaufhalle.


"Ich bin nicht behindert, wenn ihr mich nicht behindert." ist sein Credo, das man ihm ohne weiteres abnimmt.


Es ist unglaublich, wie der Junge sein Leben organisiert hat, wie er sich die Welt erschließt- faszinierend.


Virtuos schwingt sich Janis nicht nur auf die Bühne und seinen Stuhl, er blättert die Seiten seines Buches unter Zuhilfenahme seiner Lippen um und signiert seine Bücher am Ende virtuos mit einem zwischen den Backenzähnen gehaltenen Stift.


Janis erschöpft sich an diesem Abend aber auch in Schwelgeorgien über seinen hightech umgerüsteten Mercedes Sprinter, der es ihm ermöglicht, ohne Unterschied zu einem mit Armen und Beinen ausgestattetem Menschen, mobil zu sein. 


Ein Traum für ihn, den er jederzeit gerne auslebt. Und es sei dem jungen 25-jährigen Mann seine diesbezügliche, leicht überschießende Begeisterung nachgesehen. Viele Gleichaltrige empfinden ähnlich, wenn es um ihre hochgemotzten Karossen geht. Bei Janis kommt über alles dazu, dass er sich durch diese gewonnene Mobilität die Welt erschließt - eine Selbstverständlichkeit für andere junge Menschen seines Alters.


Als Fazit nahm ich für mich den Konjunktiv in der Beantwortung der nur im Stillen von mir selbst für mich gestellten Frage im Vorfeld des Abends mit: kann so ein Leben überhaupt Lebensqualität entfalten? 


Ja! Ja! und nochmals: Ja! 


Janis hat diese Frage für mich mehr als eindeutig beantwortet. Danke, Janis, nicht nur, aber auch für diese Einsicht. Es hat mich unglaublich bereichert, wie Janis aus seinem Leben solche Kraft und eine von mir nicht für möglich gehaltene Energie zieht. Danke, Janis.