Ein Coming Out bedeutet, daß der Crossdresser oder Transgender selbst das Gespräch mit den durch sein Crossdressing betroffenen Menschen, beispielsweise PartnerInnen, Kindern, nächsten Angehörigen sucht.
Das ist die absolut zu bevorzugende Variante, weil hier der Betroffene sein Outing vorbereiten, Ort, Zeit und Randbedingungen weitgehend beeinflussen kann.
Ein Outing hingegen erfolgt durch Andere, Dritte, beispielsweise durch die Partnerin. Oft findet das Outing durch die Partnerin völlig überraschend und ungeplant dann statt, wenn sie weibliche Bekleidung oder weibliche Accessoires bei ihrem Partner findet. Schnell ist der Verdacht der Untreue im Raum und um den auszuräumen, kann man(n) nur noch mit der Wahrheit reagieren...
Ein solches fremd bestimmtes Outing ist keine wünschenswerte Art und Weise, um sich seiner Liebsten zu offenbaren. Man ist nicht Herr über die Entwicklung, Ort, Zeit und Umstände werden fremd bestimmt. Und damit entstehen mitunter unkontrollierbare Situationen, weil die Partnerin mit ihren Ängsten, Befürchtungen und Vorurteilen allein gelassen ist.
Soll ich mich outen?
Diese Frage ist nicht so einfach mit Ja oder Nein zu beantworten. Sie hängt von vielen Umständen ab. Und die Antwort kann- je nach den Umständen- so oder so ausfallen...
(Ehe-) Partner(in)
Die Partnerin hat ein exklusives Recht von deinem Crossdressing, deinem Faible für Dessous, von deinen femininen Neigungen zu erfahren. Ehe und Partnerschaft basieren in allererster Linie auf Vertrauen und Ehrlichkeit.
Dennoch ist es in den seltensten Fällen ratsam, gleich mit der Tür ins Haus zu fallen.
Bevor du deine Partnerin mit deinen Neigungen konfrontierst, solltest du genau und sensibel abtasten, wie sie in dieser Beziehung "drauf" ist. Dazu kannst du beispielsweise beim Anschauen von Filmen und Fernsehbeiträgen deine Kommentare abgeben und die Antwort deiner Partnerin abwarten.
Die Reaktion wird meist ablehnend sein. Frau mag so aufgeklärt und tolerant sein, wie sie will, die Aufgeklärtheit und Toleranz enden dann bei vielen Frauen doch an der eigenen Wohnungstür. Dass der eigene Mann/ Partner mal aus seiner männlichen Rolle fallen könnte, erwarten die wenigsten.
Selbst Frauen, die im sozialen Bereich arbeiten und Kontakt zu alternativen Lebensweisen haben und sich selbst einer großen Toleranz/Akzeptanz diesen Lebensweisen gegenüber rühmen, zeigen sich völlig überrascht, wenn ihr eigener Partner/Ehemann plötzlich Anwandlungen zu einem Geschlechtsrollenwechsel zeigt. Da ist plötzlich die ganze Toleranz dahin, wenn es um die eigene Familie geht...
Deshalb bezieht deine Partnerin Anspielungen selten auf sich und ihre eigene Beziehung. Herumeiern und um den heißen Brei herumreden hilft dann nicht mehr..Es kann den Boden für ein Gespräch bereiten, mehr auch nicht.
Man sollte sich deshalb von einem Fehlschlag nicht gleich entmutigen lassen.
Manchmal hilft dann nur noch rückhalt- und schonungslose Offenheit.. Frontal ins Gesicht, mit allen Risiken. Leite das Gespräch damit ein, daß du sie liebst und das sich durch dein Outing daran nichts ändert und beschließe das Gespräch auch damit. Und dazwischen sagst du ihr die ganze, ungeschönte Wahrheit. KEINE Beziehung kann auf Dauer mit einer Lüge leben. Jedenfalls keine glückliche.
Zum Austesten des Cross- Dressing eignet sich auch die Frage an die Partnerin, ob man mal ein Wäschestück des geliebten Menschen probehalber tragen darf.
Wenns größenmäßig paßt, warum darf dann David Beckham ein Höschen seiner Victoria tragen, und andere Männer (und Frauen) sollen da völlig außen vor bleiben? Nein, diese Trageweise der Wäsche der Partnerin ist ein Liebesbeweis und hält einem den Körper des geliebten Menschen tagsüber dauerhaft im Gedächtnis und man freut sich auf den Zeitpunkt, wann man wieder vereint ist.
Schwierig wird es, der unvorbereiteten Partnerin zu erklären, daß Du gerne Cross-Dressing betreibst, ohne daß sie Angst haben muß, Dich zu verlieren...
Also: soll ich mich meiner Partnerin gegenüber outen?:
Klare Antwort: Ja! Frage ist nur: der günstigste Zeitpunkt dazu, die Rahmenbedingungen, der Umfang der Übereinkunft.
Natürlich ist es wichtig, sich der Partnerin gegenüber zu outen. Doch man sollte sich da keinerlei Illusionen hingeben: die Chancen, daß die Beziehung ein solches Outing dauerhaft übersteht, stehen allenfalls 30:70, eher schlechter! Man sollte sich also beim Outing bewußt sein, daß danach Trennung und Einsamkeit folgen können.
In meiner jahrzehntelangen Crossdresser-Praxis bin ich Zeuge der verschiedensten "Tolerierungsmodelle geworden.
Meine Meinung dazu ist:
Tolerierungsmodelle
Frauen mögen so emanzipiert sein, wie sie wollen: wenn's um Ehe und Partnerschaft geht, folgen sie dann doch lieber einem Jahrtausende alten Rollenverständnis, und da paßt es überhaupt nicht ins weibliche Bild, wenn er so ganz hilflos und verletzlich vor ihr steht und beichten will, daß er gerne Strumpfhosen trägt...
In diesem Augenblick stürzt für sie eine Welt ein und sie fragt sich bei ihrer ganzen Aufgeklärtheit: "Was habe ich mir da bloß angeheiratet?"
Ängste kommen bei ihr auf: "Ist er schwul, will er mich verlassen?" Weitere Probleme drohen: "Was ist mit den Kindern, was werden die Nachbarn dazu sagen?"
Ganz vorn steht allerdings oftmals die Frage der Ehrlichkeit für die Partnerin.: "Warum sagt er mir es erst jetzt? (z.b. nach 27 Jahren Ehe in einer mir bekannten Beziehung)" Hierauf solltest du Antworten für sie haben.
Ein anderes Problem ist, dass Partnerinnen sich wegen des femininen Outfits ihres Partners oftmals in Frage gestellt fühlen: Er trägt Silkonbrüste in Körbchengröße D. Genüge ich ihm nicht mehr? Möchte er die Frau sein, die ich für ihn nicht sein kann? Erschwerend kommt dazu, dass sich manche CD sehr feminin anziehen, manche würden auch sagen: nuttig, oder mehr Dessous, Kleider, Röcke, Schuhe und Schminkzeug im Schrank haben, als ihre Partnerin. Plötzlich ist sie nicht mehr die (einzige) Frau im Haus...
All diese Ängste und Befürchtungen gilt es, auszuräumen oder zu zerstreuen. Leider sehen Frauen das Cross-Dressing ihrer Männer bisher noch viel zu oft als Bedrohung, nicht als Chance ihrer Partnerschaft an. Wie schön wäre es- so würde es zumindestens ein Cross-Dresser empfinden- wenn seine Frau zu ihm sagen würde, "Du, Schatz, ich habe mir eine schöne Strumpfhose gekauft und dir gleich eine mitgebracht."
Frauen, die so mit ihren cross-dressenden Männern umgehen würden, hätten nicht nur die treuesten Ehemänner der Welt, sondern ihnen würden sich im Alltagsleben völlig neue Horizonte eröffnen:
Was wäre für einen Cross-Dresser schöner, als daß er sich mit seiner Liebsten (Ehefrau) gemeinsam zurecht macht und mit ihr zu einem Faschingsball, ins Konzert, in die Oper usw. als Frauenpärchen geht? Nichts schöner, als das!
Das es geht, habe ich schon selbst und auch bei vielen anderen CD erlebt: da machen beide Frauen zusammen Urlaub, gehen bummeln, shoppen bis der Arzt kommt oder machen einfach mal einen "Frauentag".
Nicht selten berichten Partnerinnen davon, dass eine schon ein wenig in die Jahre gekommene Beziehung durch das Outing des Partners gewann, Partnerin ihren Partner viel besser versteht und in einem anderen Licht sieht. Plötzlich wird das Bild stimmig und es kommen neue Impulse und bereichernde Aspekte in eine Beziehung. Nur Mut.
Kinder
Kinder sind- was die Eltern betrifft- erfahrungsgemäß stockkonservativ. Die wenigsten können´verstehen, daß ihr Papa ab sofort Strumpfhosen, Pumps und Röckchen trägt. Umso wichtiger ist das Gespräch mit den Kindern, um Verlustängste abzubauen und eine vernünftige Beziehung herzustellen.
Also: soll ich mich meinen Kindern gegenüber outen?
Klare Antwort: Jein!
Die genannten Altersgrenzen sollen keine starren Grenzen, sondern allenfalls ein orientierender Rahmen sein. Ob ein CD sich vor den Kindern outet, kann immer nur eine individuelle Entscheidung sein. Mir sind geglückte Outings vor 10-jährigen bekannt.
Allererstes und wichtigstes Kriterium bei der Entscheidung muß allerdings immer das Wohl des Kindes sein.
Es muß gewährleistet sein, daß die Persönlichkeit des Kindes bereits soweit entwickelt und gefestigt ist, daß es mit der zusätzlichen Belastung durch ein Outing klar kommt. Und es muß weiterhin gewährleistet sein, daß ein CD seine Kinder nicht in die Gefahr bringt, sich für ihn im privaten oder schulischen Umfeld fremdschämen, rechtfertigen oder verteidigen zu müssen.
Outet man sich seinen heranwachsenden oder erwachsenen Kindern gegenüber, wird man oft überraschende Coolness der Jungerwachsenen erfahren: "Wenns Dir Spaß macht..."
Doch man sollte sich davon nicht täuschen lassen. Die Coolness ist oft nur Fassade, die Fragen kommen hinterher. Macht Euch also darauf gefaßt, daß es nach eurem Outing vor den Kindern womöglich noch eine zweite, dritte... usw. Runde gibt. Mit einem Outing ist sowohl bei der Partnerin als auch bei Kindern erstmal nur eine erste Offenbarung erfolgt, der noch viele Gespräche folgen müssen. Outing ist ein Prozeß und kein einmaliger Vorgang. Richtet euch auf viele Fragen ein, auch wenn ihr selbst vielleicht im Augenblick auf die eine oder andere noch keine Antwort wisst...
Eltern und andere Anverwandte
Die geht es eigentlich nichts an, was man so treibt. Dennoch kann es in einigen wenigen Fällen geraten sein, wenigstens die Eltern einzuweihen, z.B. wenn es darum geht, daß "er" dauerhaft nur noch als "sie" oder "sie" dauerhaft nur noch als "er" leben möchte. Alle anderen erfahren es dann sowieso irgendwann.
Moralische und sonstige Bedenken der Eltern haben hier keinerlei Bestand- es zählt nur, was DU willst!
Andere Verwandte geht Dein Outing im Normalfall gar nichts an, es sei denn, Dir liegt etwas an ihnen!
Das Fremdouting ist insofern unangenehm, als es den CD oder Transgender meist völlig unvorbereitet trifft. Plötzlich hat deine Frau deine sorgsam versteckten Dessous in der Hand, wenn du ahnungslos nach Hause kommst und macht dir völlig unvermutet eine Szene. Der erste Impuls der Frauen ist zumeist: er hat eine andere und sich einige Trophäen von der versteckt. Spätestens, wenn sie bei ihrer Entdeckung auf ein halbes Warenlager an Dessous, Schuhen und/oder Damenoberbekleidung in recht frauenuntypischen Größen stößt, wird sie jedoch nachdenklich: was macht mein Mann mit so einer Mörderfrau in Größe 48, wo ich selbst doch nur eine 36 trage?
Wenn ihr es soweit kommen lasst, daß eure Frauen euch auf diesem Weg erwischen, hilft nur noch schonungslose Offenheit, wenn ihr eure Beziehung retten wollt. Keine Geschichtchen erfinden, nur noch Ehrlichkeit, absolute Offenheit und Wahrheit.
Natürlich bietet ein so vom Zaun gebrochenes plötzliches Outing ein erhebliches Trennungsrisiko. Ihr konntet euch nicht vorbereiten, sagt aus der ersten Bestürzung heraus vielleicht Dinge, die miß- oder unverständlich für sie sind und landet somit auf ihrer Liste: "Betrügerisches Arschloch".
Kühlt die Situation ab, versucht, sie von ihrer ersten Empörung herunter zu holen und sagt ihr gegebenenfalls, daß ihr das gerne in Ruhe erklären möchtet und daß es einen ganz anderen Hintergrund hat, als Fremdgeherei.
Wenn es euch gelingt, sie zu einem halbwegs ruhigen Gespräch einzuladen, beichtet ihr alles. Schonungslos, laßt nichts aus und berichtet ihr selbst von euren größten Kinderängsten. Nur mit dieser absoluten Ehrlichkeit und Offenheit werdet ihr eventuell eure Frauen beeindrucken und auf eure Seite ziehen können. Erst wenn sie euch verstehen können, werden sie euch vielleicht den Vertrauensbruch verzeihen.
Ein Tipp an betroffene Frauen:
Leider beziehen betroffene Frauen die Funde von Wäsche, Schuhen und Damenbekleidung oft, viel zu oft auf sich selbst. "Oh Gott", denkt manche (Ehe-) Frau, möchte er wirklich eine mit Körbchengröße "D" ? Steht er nur auf solche Frauen ? Liebt er nur Frauen, die Strapsstrümpfe und Halter tragen ? Mag er nur kurze Röcke und Stilettos ?
Die Antwort ist: Nein. Das, was sie da finden, bezieht sich erstmal und ausschließlich auf ihn selbst. Er möchte diese Frau sein, Sie verkörpern hingegen durchaus sein Idealbild von seiner Partnerin. Beides hat nichts miteinander zu tun.(So schwer das manchmal auch zu verstehen ist.)