Queerbeet

oder was mir sonst noch so zum Thema einfällt...


Viele CrossDresser leben eine gutbürgerliche Existenz. Sie sind meist gute Ehemänner und Familienväter, arbeitsam, fleißig, engagiert in Vereinen und Organisationen, musisch und künstlerisch interessiert, Angehörige von Kirchen und Religionsgemeinschaften... eben ganz normale Mitmenschen.

 

All diese Menschen verurteilen, weil sie eine weibliche Seite haben und diese auf ihre Weise ausleben wollen?

 

Mittlerweile haben sich Schwule und Lesben einen Platz in der Gesellschaft erkämpft. Schwul oder lesbisch sein hat eigentlich erst mal gar nichts mit Crossdressern oder Transvestiten zu tun, auch wenn das in der Öffentlichkeit immer wieder miteinander verknüpft wird. Doch CD nutzen oft- und da sei den Schwulen und Lesben ein ausdrückliches Kompliment gemacht- die Freiräume, die diese sich erkämpft haben. Crossdressende Männer treffen sich oftmals in Schwulenkneipen, weil sie dort mit viel Sympathie einen geschützten Freiraum zum Ausleben ihrer Persönlichkeit finden. Obwohl es sich bei (fast) jedem der CD um einen strikt heterosexuellen Mann handelt.

 

Da wird von Schwulen und Lesben oftmals ein Ausmaß an Nächstenliebe und Toleranz gegenüber anderen Lebenseinstellungen gezeigt, daß sie selbst von anderen oft nicht erfahren und dafür gibts von mir höchsten Respekt und Hochachtung für diese menschliche Größe!

 

Leider sind viele CrossDresser gefangen in den gesellschaftlichen Wertvorstellungen und Rollenmodellen, durch die sie selbst betroffen sind. Das Schema der Zweigeschlechtlichkeit zieht sich nicht nur durch die Köpfe der Allgemeinheit, es ist auch fest verankert in den Köpfen  der meisten CrossDresser. Sie versuchen sich- in welchem Stadium ihres Selbstfindungsprozesses auch immer- verzweifelt in  das vorgegebene Rollenschema "Mann-Frau" einzuordnen. Doch dieses Rollenschema "Zweigeschlechtlichkeit" funktioniert in den letzten Jahrzehnten immer schlechter. Es hat Risse bekommen und es gibt mittlerweile genug Lebensentwürfe, die diesem althergebrachten Rollenmodell, einstmals etabliert durch die christliche Religion, nicht mehr folgen.

 

Es gibt mehr als zwei Geschlechter. Es gibt Mann, Frau, Schwule, Lesben, Zwitter... und noch viel mehr.

 

Übrigens: Als Zwitter (Hermaphroditen, heute meist als Intersexuelle bezeichnet) geborene Menschen- es sind nur wenige, aber dadurch haben sie m.M. nach nicht weniger Menschenrechte- werden gar nicht gefragt, was sie sein und wie sie leben wollen. Sie erhalten erst gar keine Chance für eine Entscheidung in dieser Frage. Bereits im Kleinkindalter werden äußere Geschlechtsmerkmale "korrigiert", das neugeborene Kind auf ein Geschlecht festgelegt, das es vielleicht später gar nicht haben will. Wer entscheidet das? Eltern auf Anraten von Ärzten und Psychologen...

 

Wer nicht gefragt wird, ist das betroffene Kind selbst. Es gibt Bestrebungen, Menschen mit Transidentitäten aus dieser "Ecke" heraus zu holen, in die sie durch Ärzte und Psychologen gedrängt werden. Sie leiden nicht unter psychischen Störungen, sie möchten ein anderes Leben als das klassische "Zwei-Rollen-Modell". [1]

 

Was für ein Verbrechen! Vielleicht bin ich da zu scharf, aber mir kommen da die KZ-Ärzte der Nazis in den Kopf! Kämpft für diese Menschen und ihr Recht auf Selbstbestimmung! Kämpft dafür, daß Menschen nicht einfach körperlich "korrigiert" werden, nur weil sie einer gesellschaftlichen Norm nicht entsprechen!

 

Offensichtlich gibt es also mehr als nur die zwei Lebensentwürfe als "Mann" oder "Frau". Warum sollte man diese unterschiedlichen Lebensentwürfe dann  nicht auch verwirklichen (dürfen)?

 

Ein sehr sensibles Thema ist das Verhältnis von Crossdressern bzw. Transvestiten auf der einen und Transsexuellen auf der anderen Seite.

 

Während Crossdresser durchaus auch ihre männliche Seite gerne leben und nur zeitweise die Geschlechterrolle tauschen möchten, streben Transsexuelle dauerhaft ein Wunschgeschlecht an, daß von ihrem Geburtsgeschlecht abweicht. Beide Lebensentwürfe ähneln sich in der Anfangsphase frappierend: der Wunsch, dem anderen Geschlecht entsprechen zu wollen führt zu einer Anpassung im Outfit, Mimik, Gestik, Verhaltensweisen usw.

 

Wo die Geister sich scheiden, ist die Frage des dauerhaften Wechsels ins andere Geschlecht. Hier scheinen manche Transsexuelle ihre Lebenseinstellung für die ehrlichere, konsequentere und wahrhaftigere zu halten und betrachten CD/ TV mitunter abschätzig als Mitschwimmer und verkappte FetischistInnen. Zum Ausdruck kommt das u.a. in Foren und Chats, wo TS oftmals abschätzig gegenüber CD/TV reagieren, diese ausgrenzen oder deren Lebenseinstellungen als CD herabwürdigen.

 

Was diese TS dabei übersehen ist ihr eigener Konservativismus. Sie sind (stärker als manche CD) in überkommenen gesellschaftlichen Rollenmodellen (Mann-Frau) gefangen und wissen sich selbst nicht anders als nach dem Schema einzuordnen: "Bin ich nicht Mann, dann bin ich Frau" Ein weiteres gibt es für diese TS nicht und das ist schade. Denn dieses Schmalspurdenken führt nicht wenige TS auf einen Irrweg.

 

Mir gehen TS manchmal auch mit ihrem plakativen Gejammere auf die Nerven, was für einen schweren Weg sie durchmachen  müssen. Der Weg ist zweifellos schwer und mit vielen Hindernissen (zu Recht), Risiken, Schmerzen und Unwägbarkeiten gepflastert. Doch der Weg ist selbst gewählt und Hindernisse pflastern ihn zu Recht:

 

  • Eine Geschlechtsangleichende Operation (GaOP) ist ein recht endgültiger Schritt, der gut überlegt sein will. Eine Rückkehr ins Ausgangsgeschlecht gibt es dann nur noch mit Kunststoffprothesen!
  • So eine GaOP kostet die Gemeinschaft der Versicherten schon mal eine Kleinigkeit und ich kenne keine einzige TS in Deutschland, die ihre OP aus eigener Tasche bezahlt hätte.

 

Was mich skeptisch macht, sind einige Erfahrungsberichte von TS, die eine GaOP anstrebten und auch durchführen ließen. Dem voraus geht ein sogenannter "Alltagstest" und da finde ich es schon verwunderlich, das so manche TS davon berichtet, im Rahmen dieses Alltagstests erstmals als Frau gekleidet in die Öffentlichkeit gegangen zu sein. Was für Psychologen und Ärzte sind das, die bei solchen AnwärterInnen auf eine GaOP diese dann auch noch befürworten?

 

Das Ergebnis einer GaOP ist auch nach dem heute erreichten Standard eher bescheiden. Eine TS wird im Prinzip niemals die natürliche Ausstrahlung und jedenfalls überhaupt nicht das körperliche Aussehen einer biologischen Frau erreichen. Es ist und bleibt ein Fake. Vielleicht genügend, um die Kundin zufrieden zu stellen, das beste, was derzeit am Markt erhältlich ist, aber einer etwas mehr als oberflächlichen Nachprüfung hält das Ganze nicht stand. Oder um es etwas drastischer auszudrücken: Bei vielen TS sieht man bereits auf den ersten Blick, daß es sich um gebürtige Männer handelt. Ihre GaOP und der Leidensweg dahin bekümmern BetrachterInnen im Alltag wenig: sie nehmen die TS trotz Geschlechtsangleichung weiterhin als verkappten Mann wahr.

 

Und das ist das Problem vieler TS: stellte sich die so herbei gesehnte und unter vielen Mühen und mit Schmerzen erkämpfte GaOP als erfolgreich heraus, erwartet TS natürlich, von der Umwelt auch als Frau wahrgenommen zu werden. Das erfolgt auch höflicherweise von denen, die um die Geschichte darum wissen. Der Rest der uninformiert mit der transformierten TS konfrontierten Gesellschaft lehnt diese unter Umständen weiterhin ab, weil sie immer noch als Mann erkennbar ist. Und dann wird's sehr einsam um einen Menschen, wenn nicht ein liebender Partner an deren Seite steht.  

 

Apropos: Liebender Parter. Da gibt's wohl auch ein paar TS, die sich durch einen liebenden Partner angespornt fühlen, das Geschlecht zu wechseln. Das ist eine ganz schlechte Wahl. Weil in dem  Augenblick, wo sich der liebende Partner einer(m) anderen zuwendet, möglicherweise die ganze Motivation für die Transition in Frage gestellt ist.

 

Zurück bleibt dann ein schwer beschädigter Mensch: auf jeden Fall kein Mann mehr, aber auch keine richtige Frau. Möglicherweise aufgrund verbliebener maskuliner Merkmale auch noch unattraktiv, gibt es für diese Menschen wenig Perspektiven in ihrer persönlichen und partnerschaftlichen Entwicklung.

 

Quellen


[1] Manifest des Internationalen Netzwerkes für Trans*-Entpathologisierung 2009: stp2012.info

[2] Online-Diskurs des Deutschen Ethik-Rates, Dr. Katinka Schweizer: "Intersexualität anerkennen statt auszulöschen"

Buchtip


[1] Katinka Schweizer, Hertha Richter-Appelt (Hrsg.): Intersexualität kontrovers. Grundlagen, Erfahrungen, Positionen. Psychosozial-Verlag, Gießen 2012, 460 Seiten, kartoniert, 39,90 Euro