Shoppen, shoppen, shoppen...

Natürlich sollte man beim ersten Einkauf nicht gleich auf's Ganze gehen: eine Nachbarstadt, wo einen keiner kennt, ist schon mal sehr hilfreich fürs eigene Selbstwertgefühl. Eine Feinstrumpfhose kann man(n) heutzutage aber problemlos in jeder Kaufhalle, jedem Drogeriemarkt usw. einkaufen, ohne daß man gleich schräg angeschaut wird.

 

In großen Kaufhäusern kann man(n) auch schon mal in der Dessous-Ecke stöbern, ohne gleich dumm angemacht zu werden. Zartere Gemüter können dann, falls man angesprochen wird, immer noch behaupten, sie suchten ein Geschenk für Frau oder Freundin. Selbstbewußtere Typen sagen der Verkäuferin einfach: "Ich brauche einen BH in der 85D."

 

Die Reaktionen von Verkäuferinnen und anderen Kundinnen sind manchmal ganz anders, als man befürchtet: die Damen geben nicht nur Hilfen bei der Größenwahl, sondern auch Stylingtipps (Kosmetik, Mode, Schmuck & Accessoires), Hinweise zu Kombinationsmöglichkeiten, aktuellen Modetrends und Trageweisen, aber auch Pflegetipps für Dessous.

 

Abschätzige Reaktionen kommen meist von Männern- vorzugsweise älteren Herren- damit muß man(n) leben und sich einen gewissen Vorrat an guten Sprüchen zulegen, um gegebenenfalls auf dumme Anmach-Sprüche zu reagieren. Je lustiger man das macht, um so sicherer ist einem die wohlwollende Reaktion der Umwelt.

 

Man(n) suche sich eine Zeit aus, in der das Ladengeschäft nicht total überlaufen ist (wie z.B. in der Vorweihnachtszeit) und gehe dann - vielleicht am frühen Abend- in Ruhe shoppen. Ich geh' gerne zu kik, dem Textildiscounter, die haben unter der Rubrik Große Größen Damensachen bis zur Größe 56, sehr zu empfehlen! Such' in Ruhe die Sachen aus- 2 oder 3 Stück, mehr darf man meist nicht mit in die Kabine nehmen- und probier sie dort in Ruhe an.

 

Bitte die Größentabelle beachten! Und immer daran denken: bei Oberteilen, wie Kleider, Blusen usw. immer die Brüste mit einplanen, die man(n) zu tragen gedenkt! Ich trage bei solchen Einkäufen immer einen Damenpulli und darunter BH oder Slipkorselett oder eine Corsage. In der Umkleide kann man(n) dann die Silikonbrüste einlegen und die Kleidung anprobieren.

 

Übrigens: manchen Verkäuferinnen ist es egal, wer da was kauft  (das ist ok), andere freuen sich, einen wiederzusehen. So etwas sollte man im Hinterkopf abspeichern und sein zukünftiges Einkaufsverhalten danach ausrichten. In einer kik-Filiale machte ich mal eine Bemerkung zu der Verkäuferin, die Sachen seien ganz bezaubernd; und zu Hause fand ich dann in der Tüte als Gimmick ein kleines Armband vor: ganz bezaubernd! Ich gehe heute noch gern dort einkaufen. Wo man(n) allerdings dumm abgekanzelt oder herablassend behandelt wird, braucht man kein zweites mal hingehen!

 

Oder bei meinen Lieblings-Vietnamesinnen in einer benachbarten Kleinstadt: die freuen sich, wenn ich komme, erklären mir alles geduldig, helfen mir bei der Auswahl und beschweren sich höchstens, wenn ich einmal weg bleibe.

 

Natürlich kann man alle Sachen auch im Internet einkaufen, allerdings bringt man sich so auch um das eine oder andere nette Einkaufserlebnis. Über ein wenig Flaxerei bin ich auf diesem Wege schon mit vielen netten Frauen in Kontakt gekommen, die einen waren hilfsbereit, die anderen einfach nur neugierig...

 

Ich kann nur dazu ermutigen, auch mal das Herz in die Hand zu nehmen und sich zu trauen.

 


Trau dich!

Meine ersten Einkäufe waren mit viel Herzklopfen und roten Ohren verbunden.

 

Es geht schon damit los, dass man(n) sich mit Konfektionsgrößen wenig, mit Damengrößen gar nicht auskennt. Dann werden im Laden oftmals Sachen von der Stange gekauft, weil sie so aussehen, als ob sie passen könnten. Anprobieren traut man sich nicht, es könnte einen ja jemand beim Betreten der Damenkabinen beobachten.

 

Und überwindet man(n) sich doch mal, eine Verkäuferin anzusprechen und eine Frage zu stellen, wird oft die Legende vom Geschenk für Frau oder Freundin vorgeschoben um nicht zugeben zu müssen, daß die Sachen für einen selbst sind.

 

Kritisch dann auch wieder das Warten an der Kasse. Wieviele Leute stehen hinter mir? Kriegen die mit, was ich da kaufe?

 

Oft bin ich dann nochmal aus der Kasseschlange ausgeschert, um drei zusätzliche Runden im Laden zu drehen, bis sich der Andrang an der Kasse beruhigt hatte.

 

Irgendwann hatte ich die zahlreichen Fehlkâufe satt. Ich wollte den Verkäuferinnen auch nicht mehr weiß machen, die Sachen wären für meine Frau um dann zu hören zu bekommen: "Dann kommen sie mit ihrer Frau wieder!"

 

Also nahm ich mir eine kleine Mutprobe vor. Ich wollte auf die Verkäuferin zugehen und ihr sagen, dass das Stück für mich ist und ob ich es anprobieren kann.

 

Das erste Stück, das ich auf diese Weise erworben habe, war ein gerade geschnittener schwarzer Rock in einem kleinen Damenmodegeschâft in Eberswalde. Die Ladeninhaberin war sehr freundlich und überhaupt nicht pikiert, daß da ein Mann Damenmode für sich kauft.

 

Einmal Mut gefasst, habe ich von da an immer öfter in Damenmodegeschäften nach Damenkleidung für mich gefragt und diese auch in den Läden anprobiert. Auf diese Weise wurde ich nicht nur sicherer im Auftreten, sondern ich könnte auch zunehmend sicherer mit den Damenbekleidungsgrößen umgehen. Oft erhielt ich außerdem gute Tipps zu Outfits, Kombinationsmöglichkeiten und Styling.

 

Unter meinen liebsten Einkaufsquellen befand sich auch eine kleine Boutique in einer benachbarten Kleinstadt. Oft habe ich dort Damenmode eingekauft und die Besitzerin war bereits daran gewöhnt, dass ich im Männermodus in den Laden kam und bei ihr Damenmode anprobierte und kaufte.

 

Bei diesen Gelegenheiten trug ich bereits immer Damenwäsche und Feinstrumpfhosen unter der Damenjeans, lediglich Oberhemd und Schuhe waren noch aus der Männerabteilung. Unterm Hemd trug ich bereits einen BH oder Body mit ungefütterten Cups, der sich kaum abzeichnete. In einer Tasche hatte ich meine Silis zum Probieren von Kleidern und Oberteilen dabei. Die konnte ich in der Umkleidekabine einfach in die Cups einlegen.

 

Eines Tages stand ich so gerade zur Anprobe in der Kabine und hatte mich ein wenig geschminkt und auch die Langhaarperücke aufgezogen, als der Vorhang ein wenig zur Seite geschoben wurde und der Kopf der kecken Boutiquenbesitzerin im Spalt erschien, die mir einen Bügel mit einem Ensemble hinhielt, dass ich auch noch probieren sollte.

 

Unsere Blicke trafen sich im Spiegel. Sie stutzte kurz, dann lächelte sie mich, wie ich fand anerkennend, an. Von Stund an hatte ich in ihr die beste Partnerin beim Aussuchen von Damenkleidung und Accessoires. 

 

Sie versorgte mich nicht nur mit Stylingtipps, sondern legte manchmal auch selbst Hand an, wenn meine Frisur nicht saß oder ein Detail fehlte. Dann peppte sie mein Outfit mit ihrem reichen Fundus an Modeschmuck, Taschen, Tüchern, Hüten, Strümpfen und Strumpfhosen usw. auf.

 

Mein Selbstvertrauen, als Frau gestylt rauszugehen, hat sie auch gestärkt. Als ich wieder einmal im Männeroutfit bei ihr erschien, suchte ich ein Mille-fleurs-Kleid. Nicht ganz einfach zu finden in meiner Größe XXL bzw. 52. Sie hatte tatsächlich ein ganz süßes dunkelbaues Kleidchen in mille-fleurs-Optik. Als ich sie betrübt darauf hinwies, dass meine breiten männlichen Schultern mit den Spaghettiträgern des Kleidchens einfach nur scheußlich aussehen, lächelte sie still und zauberte ein passendes weißes Bolerojäckchen hervor.

 

Sie ließ mich ein paar Damensandaletten aussuchen und plötzlich fand ich mich vor dem Spiegel wieder und sah darin eine sommerlich gekleidete, gut aussehende Dame...

 

Meine Boutiquinistin packte plötzlich resolut meine Männersachen in eine Tüte und sagte zu mir: "Du siehst gut aus, geh so raus!" 

 

Ich habe selten einen Tag so genossen, wie diesen. Kein Passant beachtete mich, alle hielten mich für eine Frau. 

 

In meiner Heimatstadt angekommen, traf ich sogar einen Arbeitskollegen und stand mit ihm beim Discounter an der Kasse, ohne daß der Mann überhaupt Notiz von mir nahm. Perfekt.

 

Im Grunde habe ich in den Jahren, in denen ich meine Neigung als Crossdresser offen lebe, nur gute Erfahrungen beim Einkauf gemacht. Je offener und unverkrampfter man den Verkäufern gegenüber tritt, umso freundlicher wird man behandelt.

 

Die Einzige, die immer dumm guckt, wenn ich im Laden erscheine, ist eine Verkäuferin in der Vögele-Filiale in Eberswalde. Sei's drumm... 


Ein Späßchen in Ehren...

Offen dazu zu stehen, als Mann für sich Damenkleidung einzukaufen ist viel unkomplizierter, als man sich das am Anfang vorstellt.


Dennoch kann das manchmal zu Situationen führen, mit denen man richtig umgehen sollte. 


Charakteristisch ist, dass mir solchen Situationen nur dann begegnet sind, wenn ich im männlichen Outfit einkaufen ging. 


Gekleidet und gestylt wie eine Frau, mit Silikonbrüsten, Perücke und Makeup, fällt man in den Damenabteilungen überhaupt nicht auf. Selbst wenn man(n) als solcher in Frauenkleidung enttarnt wird ist dennoch klar, warum und für wen die Sachen sind. Es gibt dann keine Unklarheiten oder Nachfragen.


Einkauf im Männeroutfit hingegen kann schon mal zu Neckereien oder Frozzeleien führen, ohne dass das böse gemeint wäre.


So passierte es mir einmal vor vielen Jahren in der Deichmann-Filiale in Berlin-Buch, dass ich mir im Männermodus drei Paar Damenschuhe- Pumps und Sandaletten- ausgesucht hatte. An der Kasse stand eine Kundin hinter mir, die in Richtung der Kassiererin sagte: "Ob er die wohl selber trägt?" Antwort der Kassiererin: "Wer weiß?"


Früher wäre ich wohl vor Scham im Boden versunken, diesmal aber nicht.


Bei Tamaris in der Schloßstraße war mal ein Paar schöner Sandaletten deutlich gesenkt. Offensichtlich waren sie die Größe 41 nicht los geworden. Die Kassiererin frozzelte: "Hoffentlich passen die, Umtausch ist ausgeschlossen!" Ich: "Die passen mir schon." Sie: "Sind ihnen die Absätze nicht zu hoch? Ich trage auch eine 41, ich könnte darauf nicht laufen!"


Da habe ich ihr vorgeführt, dass ich darauf laufen kann. Sah bestimmt goldig aus, ein Mann im Anzug mit feinbestrumpften Beinen in hochhackigen Sandaletten... 


Auf jeden Fall sollte man auf flapsige Sprüche und Neckereien vorbereitet sein, sie sind fast nie böse gemeint. Je nach Temperament kann man sich entweder selbst einen Vorrat an schlagfertigen (netten) Erwiderungen zurecht legen oder man lächelt die Leute einfach nett an und zuckt mit den Schultern.