Nachlese zum CSD

Im Zustand der Zerfaserung und Ohnmacht

Meine Lieblingshandtasche mit Regenbogenaufkleber und -fahne im Juli 2016 vorm Café Berio.
Meine Lieblingshandtasche mit Regenbogenaufkleber und -fahne im Juli 2016 vorm Café Berio.

Dirk Ludigs von der taz nimmt den CSD Berlin  2016 zum Anlass, in seinem Artikel "Wir müssen reden!" kritisch die Befindlichkeiten der (Berliner) LSBT-Szene zu reflektieren.

 

Treffend beschreibt der Autor die Zwiespältigkeit der Community-Aktivitäten mit hohem Aktivitätspotential bei den verschiedenen Szene-Events auf der einen und der Zersplittertheit und daraus resultierender politischer Bedeutungslosigkeit auf der anderen Seite. Die Community ist aus sich selbst heraus gegenwärtig offenbar nicht in der Lage, eine gemeinsame Sprache zu sprechen, eine gemeinsame Forderungs-Agenda aufzustellen und dieser mit der vereinten Kraft der Community gegenüber der Politik entsprechend Nachdruck zu verleihen.

 

Statt dessen ernährt sich die LSBT-Szene von den Brosamen, die ihr die Politik zuwirft und so ist das diesjährige Motto des Berliner CSD "Danke für nix" allenfalls Ausdruck der eigenen politischen Wirkungs- und Hilflosigkeit.

Dirk Ludigs beschreibt damit nach meinem Gefühl sehr treffend den Zustand der Community.

 

Die vielen LesBiSchwulen Events in Berlin bilden eine schöne Fassade, hinter der man sich beruhigt zurück zu lehnen können meint, nach dem Motto: hier in Berlin ist alles bunt, Akzeptanz und Toleranz gut.

 

Doch neben einer zunehmenden Kommerzialisierung und einer tollen bunten Party schafft es die Community immer seltener, gemeinsamen Forderungen an die Politik zu formulieren.

 

Wo bieb die gemeinsame Stellungnahme der  Community zu den Geschehnissen in Orlando?

 

Wo bleibt der konzertierte Aufschrei der Community zu diesem beschämenden Urteil des BGH?

 

Die von Dirk Ludigs in seinem Artikel formulierten Forderungen an die Community sind aus meiner Sicht berechtigt, aber illusorisch. Wir finden noch nicht einmal eine gemeinsame Sprache, wir können uns noch nicht einmal auf ein gemeinsames Vokabular verständigen. Verbreitet sind Intoleranzen unter LSBT und gegenüber anderen Minderheiten und viel zu selten ist die Bereitschaft vorhanden, für die Rechte und Interessen anderer Gruppen einzutreten, auch wenn man selbst davon nicht betroffen ist.

 

Dabei sind die erkämpften Rechte und Freiheiten keinesfalls vor einem Rollback sicher, wie Dirk Ludigs selbst anführt.

 

Außerhalb Berlins, jenseits des Stadtrings, ist LSBT-mäßig ohnehin Pampa. In brandenburgischen Städten gibt es wahrscheinlich keine Lesben und Schwule...

 

Mein Eindruck ist: Das bißchen gesellschaftlicher Toleranz gegenüber LSBT-Personen ist lediglich ein dünnes Ölhäutchen auf einem riesigen Tümpel alter Vorurteile und Vorbehalte, das beim geringsten Anlass aufzureißen droht.

 

Ich teile das Resumee von Dirk Ludigs: Wir - sind - allein!

 

Niemand außer uns selbst wird das ändern.