Pia Pan und die Autarkie

Das Leben ist... bunt.

DJane-Workshop im Sonntags-Club mit Eszter: zwischen Crossfading und Playlists hat's da auch noch eine blonde Erscheinung von gut zutätowierten 195 cm Lebensgröße in Gothic-Klamotten.

 

Sie heißt, sagen wir mal, Pia und ist vom Gemüt her einfach nur als Sonnenschein zu beschreiben. Die linke Kinnhälfte ist noch von der letzten Nadelepilation gerötet, aber davon abgesehen verkörpert Pia ganz den Typ flippige und unabhängige Frau.

Schnell kommen wir über meine VirtualDJ App auf meinem Android-Smartphone ins Gespräch, Pia ist ganz entzückt und lädt sich die App auch gleich herunter.

 

Bald sind wir über den Smalltalk hinaus und Pia erzählt von ihren Erfahrungen in ihrer Heimatstadt in Mecklenburg-Vorpommern. Die Transfeindlichkeit ist mittlerweile in Städten wie Neubrandenburg schulternzuckender Gleichgültigkeit gewichen und das trotz der rechtskonservativen Einstellung vieler Menschen.

 

Doch allzu viel von ihrer Lebenseinstellung gibt Pia nicht öffentlich preis. Oder was könnten die Menschen in MeckPomm schon mit einer polyamourös lebenden Transsexuellen im Gothic-Look anfangen, die zudem noch pansexuell und sapiosexuell veranlagt ist?

 

Wir politisieren ein bisschen bei den leicht angegammelten Weintrauben und der abgelaufenen Schokolade, die Pia beim containern ergattert hat. Das lenkt unser Gespräch auf Pias Traum, ein autarkes Leben ohne Geld und Konsum zu führen. Irgendwo würde Pia sich niederlassen und ein Baumhaus bauen, nur von dem leben, was sie mit ihrer Hände Arbeit erwirtschaften kann und ab und zu den Generator anschmeissen, um ihr Smartphone in Gang zu bringen. 

 

Ich bin skeptisch und äußere das auch. Auf meine vielen Fragen und Einwände hat Pia teilweise nur flapsige Sprüche und keine Antworten. Trotzdem: es ist ihr Traum, und ich habe nicht nur kein Recht, daran herum zu kritisieren, ich beneide sie auch darum.

 

Vor vielen Jahren hatte ich auch noch solche unmöglichen Träume. Wo sind sie hin?