Trans* Schwanzdran und Trans* Schwanzab

Lasst mir die Eier oder Wer Toleranz für sich selbst einfordert, sollte sie auch gegenüber anderen üben

Meine Freundinnen und ich sind schon ein ziemlich bunt gemischter Haufen. 

 

Die jüngste, nennen wir sie mal Küki, ist gerade süße 18 und hat nur ein Ziel: Schwanz ab! Sie doktert fleißig mit Hormonpräparaten, die ihr eine Freundin besorgt hat, ohne ärztliche Begleitung an sich herum und garniert das ganze mit jeder Menge Party und Alkohol.

 

Dann wäre da noch Chichi, zarte 30, mit erheblichen Unsicherheiten bezüglich der Frage: Schwanzdran oder Schwanzab? Wenn Schwanzdran, was wird dann aus mir und meinen Ansprüchen an mich als Frau? Und wenn Schwanzab, was wird dann mit meiner Beziehung  zu meiner Freundin, die eine cis-Frau und nicht lesbisch ist?

 

Fragen über Fragen.

 

Ich selbst habe mich bereits vor rund 37 meiner bisherigen 54 Lebensjahren gefragt: Schwanzdran oder Schwanzab? Die Frage ist für mich seitdem klar entschieden: Schwanzdran!

 

Etwas anderes ist die Frage, wie offen ich in der Community mit meiner Entscheidung umgehen kann. Und da beschäftigt mich meine eigene Feigheit.

 

Als ich am Montag mit einer Handvoll MzF-Transsexueller im Club zusammen saß und in der Runde von irgendeiner über Transvestiten hergezogen wurde, hielt ich mich zurück. 

 

Ich hatte mich wegen meiner ehrenamtlichen Arbeit im Club fürs Renovieren nicht extra geschminkt, der Bartschatten dürfte an diesem späten Nachmittag schon etwas durch geschienen haben und plötzlich fühlte ich mich unwohl in der Runde. Oder anders gesagt, mir fehlte in diesem Moment die nötige Selbstsicherheit.

 

Irgendwie fehlte mir auf einmal der Mut, mich als Crossdresser, Transvestit oder Tunte zu outen. Als Möchtegern-Frau, GaOP-Feigling, Nicht-Fisch-nicht-Fleisch, keine "richtige" Frau, Fummeltrine.

 

Stattdessen gingen mir folgende Fragen durch den Kopf:

 

● Ist man als Transvestit oder Crossdresser weniger Frau als eine Operierte? 

 

● Ist eine Transsexuelle nach der GaOP eine "richtige" Frau? 

 

● Oder anders gefragt: ist das Loch zwischen den Beinen, dass der Operateur gräbt, der Unterschied zwischen "richtiger" und "nicht richtiger" Frau? Macht das wirklich eine Frau aus? Wer guckt denen eigentlich in die Hose?

 

● Findet Frausein nur zwischen den Beinen oder vielleicht auch zwischen den Ohren statt? Kann man sich auch ohne GaOP als Frau fühlen und leben?

 

Auch ich ärgere mich manchmal über das klischeebeladene Zerrbild, das in Film und Fernsehen und in diversen Travestieshows von lächerlichen notgeilen Tunten in kitschigen Fummeln gezeichnet wird.

 

Doch der beginnende Crossdresser, der sich seiner Außenwirkung noch nicht sicher ist und sich mal in der Kleiderauswahl irrt oder in den Tuschkasten fällt, genießt meine Sympathie. 

 

Unsere transsexuellen Prinzesschen sollten sich vielleicht daran erinnern, dass sie mal genauso angefangen haben.